Pseudonarkolepsie

ISME Universität Bern

Pseudonarkolepsie beim Pferd: Was ist das und warum tritt sie auf?

Die Pseudonarkolepsie (oder Liegeschlafmangel) ist ein Problem, das bei manchen Pferden auftritt, wenn sie nicht lange genug in Seiten- oder Brustlage schlafen können, um die REM-Schlafphase (Rapid Eye Movement) zu erreichen.

💡 Wissenswert:

  • Genau wie wir Menschen brauchen Pferde verschiedene Schlafphasen, um gesund zu bleiben.
  • Der erholsame (Traum-)Schlaf, die sogenannte REM-Phase, tritt nur ein, wenn das Pferd auf der Seite liegt und völlig entspannt ist.

Fehlt dieser Schlaf, wird das Pferd sehr müde und kann sogar unwillkürlich im Stehen einschlafen, was manchmal zu plötzlichem Hinfallen führt. Das sieht ähnlich aus wie Narkolepsie, ist hier aber keine neurologische Erkrankung, sondern Schlafmangel → daher der Name „Pseudonarkolepsie“.

Häufige Ursachen

Ein Pferd kann das Hinlegen (und damit den erholsamen Schlaf) aus mehreren Gründen vermeiden:

  1. Körperliche Schmerzen

    • - Arthrose, Verletzungen, Muskel- oder Gelenkprobleme, die das Liegen unbequem oder das Aufstehen schmerzhaft machen (typisch z. B. bei älteren Pferden).
  2. Ungeeignete Umgebung

    • - Zu wenig Platz zum Hinlegen oder Aufstehen.
    • - Zu harter, matschiger, rutschiger oder unbequemer Boden; unzureichende Menge oder Qualität der Einstreu.
    • - Vorhandensein beunruhigender Elemente in der Umgebung (Raubtiere, Geräusche, Strom, Licht …).
  3. Soziale und hierarchische Faktoren

    • - Einzelhaltung: Soziale Isolation, fehlendes Sicherheitsgefühl (kein „Wachpferd“ in der Nähe).
    • - Gruppenhaltung:
      • - Dominantes Pferd: fühlt sich vielleicht verpflichtet, wach zu bleiben und die Gruppe zu überwachen.
      • - Untergeordnetes Pferd: wird von anderen vertrieben oder am Hinlegen gehindert, besonders auf engem Raum.
      • - Veränderungen in der Herdenstruktur (neues Pferd, Trennung von einem Gefährten).
  4. Stress und Verhaltensprobleme

    • - Von Natur aus ängstliches Pferd, ständig auf der Hut.
    • - Erlerntes Verhalten – negative Erfahrung, bei der das Liegen mit einer unangenehmen Situation verbunden war.
  5. Medizinische oder hormonelle Ursachen

    • - Ungleichgewicht bestimmter Hormone, die den Schlaf und den Stress steuern (Melatonin, Cortisol …).
International Society Equitation Science

Anzeichen, auf die man achten sollt

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  • Wunden oder Krusten an Karpal- und Fesselgelenken durch wiederholtes Hinfallen.
  • Momente, in denen das Pferd im Stehen döst, dann zusammenzuckt oder kurzzeitig einknickt.
  • Ungewöhnliche Müdigkeit, weniger Energie und Leistungsabfall.

Neue Studie

Am Schweizerischen Institut für Pferdemedizin (ISME) – Pferdeklinik Bern & Avenches führen wir eine Studie über Schlafmangel beim Pferd durch und suchen dafür Pferde mit Pseudonarkolepsie bevorzugt in den Kantonen Waadt, Freiburg und Bern.

Unsere Ziele

  • Die Rolle von Stress- und Schlafhormonen bei betroffenen Pferden besser verstehen.
  • Neue therapeutische Möglichkeiten erforschen.

Welche Pferde können teilnehmen?

  • Pferde mit Anzeichen von Liegeschlafmangel: Tendenz, im Stehen einzudösen, mit vollständigen oder teilweisen Stürzen (Kollapses), die regelmäßig beobachtet werden.
  • Pferde, die leicht beobachtet werden können (Videoüberwachung im Stall oder Bewegungssensor am Pferd).
  • Pferde aus den Kantonen Waadt, Freiburg oder Bern werden aus organisatorischen Gründen bevorzugt.
    ➡ Für jedes teilnehmende Pferd soll ein oder zwei gesunde Kontrollpferde aus demselben Stall oder derselben Gruppe eingeschlossen werden.

Ablauf der Studie

  • Vollständige tierärztliche Untersuchung des Pferdes.
  • Analyse der Haltungsbedingungen und möglicher Anpassungen.
  • Individuell angepasstes Behandlungsprogramm für Pferd und Umgebung.
  • Objektive Beurteilung der Wirksamkeit der Behandlung durch engmaschige Überwachung mit Videokameras und/oder Bewegungssensoren während der gesamten Behandlungsdauer (mindestens 4 Wochen).
  • Wiederholte Blutproben vor, während und nach der Behandlung, 3× täglich, zur Messung der Stress- und Schlafhormone (Cortisol, Serotonin, Melatonin).
  • Fachliche Unterstützung bei der Suche nach einer langfristigen Lösung für das betroffene Pferd.

Kosten

Die Teilnahme an der Studie sowie alle oben genannten Schritte sind für alle teilnehmenden Pferde und Kontrollpferde kostenlos. Behandlungskosten – sei es für Umweltanpassungen oder medikamentöse Therapien – sind nicht enthalten und werden gegebenenfalls separat in Rechnung gestellt.

Ergebnisse

Die klinischen Untersuchungsergebnisse Ihres Pferdes und der Kontrollpferde werden Ihnen direkt mitgeteilt und die Hormonresultate erfahren Sie, sobald die Labortests und der betreffende Studienabschnitt abgeschlossen sind. Am Ende werden praktische Empfehlungen für die weitere Betreuung oder Therapie Ihres Pferdes gegeben.
Die Gesamtergebnisse der Studie werden nach Abschluss der Datenerhebung in wissenschaftlichen Fachzeitschriften veröffentlicht.

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Kontakt

Bei Fragen zum Projekt oder Interesse an einer Teilnahme wenden Sie sich bitte an:


Rahel Schafer – Masterstudentin
📧 rahel.schafer1@students.unibe.ch
📞 079 505 20 01